Current Mode Amplifier

Stromgeregelter Verstärker für Kopfhörer

Wozu braucht man einen stromgeregelten Verstärker?

Normalerweise erzeugt eine Verstärkerschaltung für elektromagnetische Schallwandler eine Ausgangsspannung. Im Idealfall folgt diese exakt der Eingangsspannung (Signalspannung der Quelle), multipliziert mit einem definierten Verstärkungsfaktor (engl. Gain). Um Nichtlinearitäten der Verstärkerelemente (neuzeitlich: Transistoren) in die Bedeutungslosigkeit zu schieben, wird üblicherweise eine hohe Verstärkung der Gesamtschaltung angestrebt. Durch regelungstechnische Spannungs-Gegenkopplung wird dann auf den gewünschten hochlinearen Verstärkungsfaktor reduziert. Derartige Verstärker sind also spannungsgeregelt (engl. Voltage Mode Amplifier). Vakuum-Elektronen-Röhren (altzeitlich) sind da übrigens anders, aber das ist ein anderes Thema (der Klangfreund merkt hier auf).

CMA_Totale


Aus den Grundlagen der Physik
ist uns allen seit der 9. Klasse bekannt, dass die Kraft auf einen stromdurchflossenen Leiter in einem Magnetfeld proportional zum fließenden Strom ist. Das hat Michael Faraday entdeckt. Also ist die mechanische Kraft eines elektromagnetischen Schallwandlers auf die Schallmembran ebenfalls proportional zum fließenden elektrischen Strom. Die Ausgangsspannung der den Schallwandler treibenden Schaltung führt zu einem elektrischen Strom. Dieser ist auch von der Impedanz und der bewegungsbedingten Selbstinduktionsspannung des elektromagnetischen Schallwandlers abhängig. Die Impedanz ist frequenzabhängig und steigt mit steigender Frequenz an. Elektrodynamische Kopfhörer bilden mit dem spannungsgeregelten Kopfhöherverstärker eine die Akustik insgesamt beeinflussende Einheit mit ebendiesen Eigenschaften.

Auch ein stromgeregelter Kopfhörerverstärker bildet eine die Akustik insgesamt beeinflussende Einheit, allerdings mit etwas anderen Eigenschaften.
Denn wenn der Kopfhörerstrom exakt proportional zum gewünschten Signalverlauf geregelt wird, dann beeinflusst die Impedanz des elektrodynamischen Schallwandlers nicht den fließenden Strom. Ebenso führt die Selbstinduktionsspannung des Schallwandlers nicht zu einer Beeinflussung des Stromes. Kurz: ein interessantes Konzept und Faraday wäre stolz auf uns, ihm bis hierher gedanklich gefolgt zu sein.

Nun zum Marketing.
Es gibt hochwertige Kopfhörerverstärker zu kaufen, die mit den Schlagworten werben:

- Current Mode Amplifier -
- Class A -
- Firmenbezeichnung "Cooler Name"-

Ein Current Mode Amplifier ist ein stromgeregelter Verstärker.
"Class A" bezeichnet das erste allgemeine Konzept von Verstärkerschaltungen, das mit nur einem verstärkenden Element (Röhre, Transistor) und einem hohen Ruhestrom in einem passiven Element (Trafo, Widerstand) auskommt. Damit lassen sich kostengünstige und relativ lineare Verstärker realisieren. Nachteil ist der geringe Wirkungsgrad. Es entsteht eine relativ hohe Wärmeverlustleistung.
Der Begriff "Class A" suggeriert in der Werbung für den ahnungslosen potenziellen Käufer zudem etwas Herausgehobenes. Folglich haben die hochwertigen teuren Kopfhörerverstärker alle Netzstromversorgung, denn der schlechte Wirkungsgrad von "Class A" wird mit sinnlosem Energieverbrauch bezahlt.

Ich denke mir, so etwas kann man sich auch preisgünstig selber bauen. Zumal "Class A" auch noch schaltungstechnisch besonders einfach und billig ist.
Das folgende Bild zeigt die ausgedachte und realisierte Schaltung. Für Stereo ist der Bereich um T2, T3 doppelt auszuführen, T1 reicht für beide Kanäle.

CMA_Schema

Ausgedacht habe ich mir diese (vermutlich unübliche) bipolare Kollektorschaltung mit komplementären Transistoren im Gegentakt-Betrieb. Der  Ruhestrom ist größer, als der maximale Ausgangsstrom ("A-Class"). Durch die starke Gegenkopplung mit den Emitterwiderständen (R7, R8) folgen die Kollektorströme fast ideal der Basisspannung (abzüglich des kleinen Basisstromes). Es handelt sich also um eine Stromgegenkopplung. Daher ist dieser Betrieb auch wirklich als "Current Mode" zu bezeichnen. Die Kollektor-Basis-Spannungsgegenkopplung (R3..R6) wirkt bei genügend niederohmiger Impedanz (Kopfhörerausgang von irgendwas) der Signalquelle überwiegend nur statisch. Sie hat damit keinen spürbaren Einfluss auf das dynamische Signalübertragungsverhalten. R3 bis R6 stellen den hohen Ruhestrom ein. Gleichzeitig stabilisieren sie die Mittelpunktspannung statisch auf etwa die halbe Versorgungsspannung. Die Schaltung ist mit den angegebenen Bauteilwerten so dimensioniert, dass bei ca. 12V Betriebsspannung an den Emitterwiderständen ca. 1V abfallen. Es fließt also ca. 33mA Ruhestrom pro Kanal. Der hohe Ruhestrom ist der maximal mögliche Ausgangsstrom der Schaltung. Mit meinen Kopfhörern ist das viel lauter, als ich Rammstein hören mag (und die mag ich sehr laut). Die Transistoren müssen ein wenig gekühlt werden. Daher fiel die Wahl auf uralte Transistoren im Metallbechergehäuse. Die bekamen von mir noch hübsche individuelle Kühlsterne.

Draufsicht

Die Verdrahtung ist ein Bastelgestrüpp und zeigt das Denkschema des Architekten auf. Ordentlich auf Platine mit sauberen Leiterzügen funktioniert es vermutlich auch.

Rückansicht


Bauteile sind zu empfehlen
T1, T3: BC140; T2: BC160; R1: 1k; R3, R6: 9k1; R2, R4, R5, R9: 10k; R7, R8: 30k; C0, C1, C2, C3, C4, C7: 100µF/16V; C5, C6: 56pF Cer.

Die Transistoren sind unkritisch. Ultimativ verbessernd ist eine ähnliche und hohe Stromverstärkung (>60) für T2, T3. Speziell rauscharme Typen sind nicht erforderlich (aber auch nicht schädlich). Im Musteraufbau lag das Eigenrauschen an einem Sennheiser HD270, 62Ohm unterhalb meiner Hörschwelle. Konkret veratwortlich dafür waren: SF119C (pnp, Halbleiterwerk Frankfurt [Oder]{DDR}), BC140-10 (npn, beide Kanäle, Wilder Westen), KF 517 (pnp, Halbleiterhersteller Tesla [gutes Zeug], Tschechoslowakische Republik. Ganz wichtig: die Versorgungsspannung muss sauber sein. Brumm und  Rauschen schlägt in der Schaltung unmittelbar auf die Basisspannung von T2 durch und ist hörbar! Kein Stabi-IC's wie 7812, das rauscht (getestet)! T1, R1, C1 sind einfach, billig und am besten. Die "eigentliche" Versorgung war ein Schaltnetzteil-Steckerdings für 12..13V von irgendwas.

Der CMA kann aus schlechten Kopfhörern keine guten machen. Er kann aber aus guten noch bessere machen.

Erlebnis:

Selbstbau CMA ist problemlos und preisgünstig
Kein hörbares Grundrauschen
Keine hörbaren Verzerrungen
Prägnanter diskanter Klang
Transparente subtile Kanaltrennung Stereo
Steckernetzteil nötig

Fazit: Tangerine Dream auf dem Macbook Pro mit Kopfhörern ist ziemlich gut. Das mit dem CMA ist der Traum. Bei einem direkten Vergleich merkt man erstmal, was man bisher verpasst hat. Also Leute: baut das Ding NICHT ohne Spende! Diese Seite verfolgt keine kommerziellen Interessen. Spendet eine angemessene Summe dem lokalen Hilfswerk. Macht diese Welt zu einem besseren Platz.

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